KÜNSTLERHAUS

BETHANIEN

Ausstellung

María Dalberg

Uncontainable truth

María Dalberg, Uncontainable truth, 2021, (Video Still). Courtesy the artist

Im Zentrum von María Dalbergs ersten Einzelausstellung in Berlin steht die Videoarbeit Uncontainable truth (2021). In ihrer Praxis verwendet die Künstlerin häufig Artefakte und Archivmaterial, sie sammelt historische Berichte, schreibt fiktionale und nicht-fiktionale Texte und assembliert sie mit eigenen autobiografischen Notizen und Aufnahmen. Für die Ausstellung Uncontainable truth im Künstlerhaus Bethanien untersuchte Dalberg das Schicksal von isländischen Arbeiterinnen im 18. Jahrhundert, kurz vor und nach dem verheerenden Vulkanausbruch (isländisch: Skaftáreldar, 1783–1785) im Süden der Insel, der fatale Auswirkungen auf die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Landes hatte.

Beim Durchstöbern der Archive von Gerichtsprozessen aus dieser Zeit fand Dalberg Manuskripte in traditioneller isländischer Sprache und zeitgenössische Dokumente, die das Schicksal unverheirateter Arbeiterinnen betreffen. Als unverheiratete Frauen besaßen sie kein Recht auf Selbstbestimmung über ihren eigenen Körper, da Sex außerhalb der Ehe ein Verbrechen darstellte. In den Manuskripten geht es um Aussagen von Frauen, die zum Tode verurteilt wurden, wenn sie Schwangerschaften oder die Geburt ihrer Kinder verheimlichten. Verschwand ein Kind oder verstarb es bei der Geburt, wurde die Mutter des Mordes schuldig gesprochen, es sei denn, sie konnte ihre Unschuld beweisen.

In der Videoarbeit Uncontainable truth sind fünf Frauen zu sehen (ihre Existenz beruht auf fünf Zeugenaussagen), die in rot gefärbte Tücher gehüllt und mit traditionellen Werkzeugen zum Waschen von Kleidung ausgestattet durch eine karge winterliche Vulkanlandschaft laufen. Die Choreografie und die rhythmischen Bewegungen der Frauen zeigen die harten Arbeitsbedingungen der damaligen Zeit und werden von der Stimme der Künstlerin begleitet, die die alten Manuskripte rezitiert. Mit dem Ziel, ihnen ihre Stimme zurückzugeben, die ihnen stets verwehrt wurde, bringt der Film ihre Namen wieder ans Licht. Der Soundtrack ist eine Kombination aus den gesprochenen Aktennotizen der Gerichtsverhandlungen und einer Komposition für Trompete von Áki Ásgeirsson. So entsteht eine Ode an Jahrhunderte des Schweigens.

María Dalberg (geboren 1983) lebt in Reykjavík. Sie studierte Bildende Kunst an der Iceland University of the Arts und Geschichte an der University of Iceland. Dalberg arbeitet mit verschiedenen Medien, darunter Text, Performance, Film und Fotografie. 2020 nahm sie an der Gruppenausstellung Olev Subbi: Landscapes from the End of Times in der Tallinner Kunsthalle teil. Ihre letzte Einzelausstellung fand im Reykjavík Art Museum (2018) statt, darüber hinaus war sie mit ihren Arbeiten beim internationalen Cycle Music and Art Festival (2018) und der 5. Moskauer Biennale für junge Kunst (2016) vertreten. María Dalberg ist Stipendiatin der Artists’ Salaries (Icelandic Center for Research), The Icelandic Visual Art Copyright Association und The Icelandic Visual Art Fund (Icelandic Art Center).

AUSSTELLUNG
11.06. – 11.07.2021
Di - So: 14 - 19 Uhr
Eintritt frei

KÜNSTLERPORTRAIT
María Dalberg