Wer heute auf Instagram-Accounts schaut, der sieht Momentaufnahmen eines inszenierten Lebens, aneinandergereiht wie Perlen auf einer Kette. Man fragt sich unwillkürlich: Was war vor diesen Aufnahmen, was passierte danach? Es ist diese zeitliche Dimension der Fotografie, der das besondere Interesse von Lisa Rosenmeier gilt.
In jüngster Zeit hat sie sich verstärkt mit dem Zusammenhang von Licht und Fotografie beschäftigt. Manche Fotos sehen aus wie abstrakte Lichtmuster, aber sie sind immer in der Welt verankert. Die ephemere Schönheit flackert kurz auf, bevor sie erlischt. Lisa Rosenmeiers Fotos sind eine Feier des Vergänglichen. Es ist, als halte die Welt kurz ihren Atem an, um sich ablichten zu lassen, bevor das kosmische Spiel von Schöpfung und Zerstörung weitergeht.
Auch ihre neue Serie Blue Light (seit 2022) kreist um das Thema Zeit. Ursprung dieser Bilder sind Aufnahmen von Menschen, die nachts an der dänischen Westküste nach Bernstein suchen. Lisa Rosenmeier hat sich auf den Widerschein der blauen Lampen fokussiert, über denen sich manchmal ein gewaltiger Himmel wölbt. Im Künstlerhaus Bethanien kombiniert sie diese Fotos mit weiteren Aufnahmen von Lichtern, die im Raum schweben zu scheinen. Schließlich können die Besucher das Licht in der Ausstellung aktiv beeinflussen. Wer will, kann über ein spezielles Gerät und eine App seine Gehirnwellen beim Betrachten der Kunstwerke aufzeichnen lassen und dadurch vom Besucher zum Mitgestalter der Ausstellung werden. Es werde Licht!

Text: Rainer Unruh