KÜNSTLERHAUS

BETHANIEN

Ausstellung

Markus Draper

Haus in der Nähe eines großen Waldes

"Haus in der Nähe eines großen Waldes“ (Detail) , 2023, Foto: Hans-Georg Gaul, Berlin

Markus Draper lässt in seiner Ausstellung Haus in der Nähe eines großen Waldes eine Fliege ein Märchen erzählen, das davon handelt, wie der Geheimdienst KGB mit den Reformbewegungen in der Sowjetunion verknüpft war. Draper konzentriert sich dabei auf das Haus der ehemaligen KGB-Zentrale in Dresden in der Angelikastraße 4.
Diese Adresse ist bekannt geworden als die frühere Arbeitsstelle des damaligen KGB-Agenten Wladimir Putin. Draper beginnt seine Erzählung bereits Mitte der Fünfziger Jahre mit dem Werdegang von Juri Andropow (1914-1984), langjähriger KGB-Chef und immer wieder zentrale Figur in den Ereignissen des Kalten Krieges. Andropows seit 1955 nahestehender Untergebene Wladimir Krjutschkow (1924-2007) besuchte das Haus in der Angelikastrasse im Jahr 1986 gleich zweimal, zu der Zeit als stellvertretender Vorsitzender des KGB. Krjutschkow kam im Auftrag von Michail Gorbatschow nach Dresden, um hier wichtige Köpfe und Verbündete für eine Reformbewegung in der DDR zu gewinnen. Wladimir Putin arbeitete in Dresden von 1985 bis 1990. Markus Draper realisiert diese historische Tiefenbohrung im Angesicht des Ukraine-Krieges und will herausarbeiten, wie die Veränderungen und Reformen in der Sowjetunion bereits seit den siebziger Jahren eng mit dem KGB verknüpft waren und welche Rolle Dresden ab Mitte der achtziger Jahre dabei spielte. Zugleich ist es eine Reflexion seines in Kindheit und Jugend geprägten Russland-Bildes, den aktuellen Ereignissen gegenübergestellt.
Bei der Erzählform entscheidet sich Draper für die des Märchens. Mit der Erkenntnis, dass Wahrheit immer ein Konstrukt von Geschichte ist, wird historisch korrekte Recherche als künstlerisches Mittel ins Märchenhafte umgedeutet. Über das Jonglieren mit historischen Fakten soll eine künstlerische Wahrheit über Bilder entwickelt werden, die Ambivalenzen zulässt.
In Russland beginnt die Geschichte des Märchens nicht mit seinen Stoffen, sondern mit denen, die sie verbreiten. Haus in der Nähe eines großen Waldes ist eine Referenz an Drapers ehemalige Russischlehrerin, die der Klasse über viele Stunden hinweg mündlich und aus dem Gedächtnis die Romane von Tolstoi, Puschkin und Dostojevski vorgetragen hat. Bezugnehmend auf Wladimir Putins Rhetorik, in der der Gegner abfällig mit wertlosen Insekten gleichgesetzt wird, lässt Draper die Rolle der Erzählerin von einer Fliege übernehmen.
Bedeutende, geschichtliche Ereignisse noch einmal neu zu betrachten und dabei Ambivalenzen herauszuarbeiten ist ein zentrales Anliegen in der Arbeit von Markus Draper.

AUSSTELLUNG
07.04. – 30.04.2023
Di - So: 14 - 19 Uhr
Eintritt frei

ERÖFFNUNG
06.04.2023
19 – 22 Uhr