KÜNSTLERHAUS

BETHANIEN

Ausstellung

In Furs.

@KB Outside, Graefestr. 9 (HH)

Von Zeit zu Zeit ist es erforderlich, institutionelle und mikropolitische Aspekte der Arbeit eines Instituts neu zu denken oder etwa in neuen Räumen zu überprüfen. In seiner nunmehr 40-jährgen Ausstellungspraxis hat das Künstlerhaus Bethanien immer wieder Künstler und Künstlerinnen seines Programms begleitet, außerhalb der Schauräume des Hauses auszustellen – durch Vermittlung an Galerien, Kunstvereine, Museen, aber auch im Rahmen von Auslandsprojekten oder im Zuge der gezielten Kooperation mit anderen Künstlerhäusern, etwa der Akademie Schloss Solitude, mit der das Künstlerhaus Bethanien den gemeinsamen Schauraum „Kreutzer und Stutzig“ in Berlin-Mitte betrieb.
Nach dem erfolgreich abgeschlossenen Umzug vom Mariannenplatz in die Kohlfurter / Kottbusser Straße wird die institutionelle Selbstreflexion einige Tage lang auf einen un-renovierten Raum in der Kreuzberger Graefestraße 9 (HH) ausgedehnt. Es handelt sich um eine ehemalige Kreuzberger Werkstatt im Hochparterre des Hinterhauses eines Wohnhauses. Vormalig war dort die Galerie Supportico Lopez ansässig.

Das Thema der Ausstellung „In Furs.“, in dem es um kulturelle Kodierungen und um menschliche Körperaspekte, Reflexe und Instinkte geht, verlangt geradezu nach einer Infragestellung des White Cube und im Verhältnis zu Haut, Haar, Fell und Pelz nach einer Oberflächendebatte, die wiederum zu knüpfen ist an die ortsspezifische Aufrichtung von Ich und Kunst.

In vier Schautagen, am 4., 6., 13. und 20. Juli 2014, werden die beteiligten elf KünstlerInnen Werke präsentieren, die dem Raumzusammenhang in der Graefestraße entsprechen sowie das Ergebnis ihrer spezifischen Werkauswahl in Bezug auf das Thema sind.

Zu den Ausstellenden gehören Dirk Bell, Lucas Foletto Celinski, Andrew Gilbert, Steffen Junghans, Via Lewandowsky, Bernhard Martin, Adam Saks, Karin Sander, Cornelia Schleime, Isa Tarasewicz und Fabrizia Vanetta.
Sie waren z.T. Gäste des Künstlerhauses Bethanien und zeigen Werke aus den Bereichen Malerei, Druckgrafik, Plastik, Objekt und Fotografie.

Haar besteht im Wesentlichen aus Keratin. Es ist ein Hornfadengebilde, bindet den Menschen sinnlich an die Natur und ist in Kunst, Literatur und Werbung häufig verwendetes erotisches Attribut und Fetisch-Motiv. In einer Zeit, in der eine singende Dragqueen mit Gesichtsbehaarung den European Song Contest zu einer politischen Bühne macht, ist ein Nachdenken über Haar- und Barttracht mehr als ein Gag. Immerhin zählte die Facebook-Seite „Nein zu Conchita Wurst“ (1) Mitte Mai 2014 rund 37.500 Likes. Wenn sich KünstlerInnen zu den aktuellen Körper- und Geschlechterbildern, Modefragen und emanzipatorischen Diskursen, dem Verhältnis von Langhaarigkeit und Weisheit, dem Fallenstellen in Bezug auf die psychologische und religiöse Signifikanz von Haar und Fell verhalten, ist das unter diesen Umständen keine Petitesse.
Die Ausstellung „In Furs.“ erinnert darüber hinaus an eine sexuelle Konnotation der Titelgebung, wie sie sich aus dem Buch „Venus im Pelz“ (1870) von Leopold von Sacher-Masoch herleitet, zugleich an den Song „Venus in Furs“ von Velvet Underground von ihrem Album „The Velvet Underground & Nico“ von 1967. Damit klingen einem natürlich gleichzeitig auch alle Cover-Versionen von The Melvins, Paul Roland, Christian Death, The Smashing Pumpkins bis Monster Magnet im Ohr. Außerdem werden Verbindungen hergestellt zu den zahlreichen Verwendungen des Songs in surrealistischen und fetischistischen Zusammenhängen und in Film-Soundtracks. Zahlreiche Verfilmungen der Novelle von Leopold von Sacher-Masoch, zuletzt die von Roman Polanski (2013), bieten einen weiteren subkutanen Spannungsbogen zu den gezeigten Kunstwerken an.

(1) https://www.facebook.com/pages/NEIN-zu-Conchita-Wurst-beim-Song-Contest/723559711002948?fref=ts

 

AUSSTELLUNG
04.07. – 20.07.2014

Eintritt frei

ERÖFFNUNG
04.07.2014
19 – 22 Uhr

SCHAUTAGE
4., 6., 13. und 20. Juli 2014