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Bild: TAMY BEN-TOR / WINFRIED BULLINGER / SILVINA DER-MEGUERDITCHIAN / JEAN-ULRICK DÉSERT / ŠEJLA KAMERIC´ / MELODY MELAMED / DAWIT SHANKO
2005 wurde der Falkenrot Preis von dem niederländischen Sammlerehepaar Astrid und Arie de Knecht ins Leben gerufen und seither vom Künstlerhaus Bethanien in Berlin vergeben. Er zeichnet Künstler*innen aus, die mit sehr eigenen Denkrichtungen und Ausdrucksformen in Erscheinung treten. Ihre Positionsbestimmungen folgen originären Maßstäben.
Bisher ging die Auszeichnung an Seo, Maik Wolf, Sven Drühl, Torben Giehler, Tony Matelli, Maki Na Kamura, Andreas Schmitten, Jana Gunstheimer, Erez Israeli Murshida Arzu Alpana, Dafni Barbageorgopoulou, Roland Boden, Angelika Boeck, Hubertus Giebe, Jens Hausmann, Kavata Mbiti, Tanja Ostojić, Heike Ruschmeyer, Manuela Sambo und Manuela Warstat.
Im Jahr 2021 musste die Vergabe des Preises inkl. Ausstellung aufgrund der Pandemie ausfallen.
„Construct Your Stories 2“ lebt auch in der Gruppenkonstellation der Ausstellung von den Verheißungen des starken Ichs und lässt die Halluzinationen des globalisierten Wir verblassen.
Die Preisträger*innen des Falkenrotpreises 2022 (gewählt 2021) sind:
Tamy Ben-Tor, Winfried Bullinger, Silvina Der-Meguerditchian, Jean-Ulrick Désert, Šejla Kamerić, Melody Melamed und Dawit Shanko.
Tamy Ben-Tor, geboren 1975 in Jerusalem, Israel, lebt in Brooklyn, New York, USA.
In ihren Videoarbeiten und Performances spielt Tamy Ben-Tor verschiedene, von ihr erfundene Charaktere. Oft verwendet sie dabei einfache Kostümteile oder andere Hilfsmittel, um tragikomische Persönlichkeiten zu erschaffen. Humor ist ein wichtiges Element ihrer Arbeit, und sie nutzt ihn, um Fragen der Identität, Politik und Gesellschaft sowie kulturelle Stereotypen zu untersuchen und beleuchten. Selbstkritisch sieht sie ihre künstlerische Perspektive im Sinne eines bewusstseinserweiternden Agierens mit einem „Schwamm, der den ganzen zeitgenössischen Dreck aufsaugt“.
Tamy Ben-Tor ist weltweit mit großem Erfolg auf Performancefestivals aufgetreten. Ihre Arbeiten befinden sich in den Sammlungen des Whitney Museum of American Art, New York, des Pérez Art Museum Miami, des Tel Aviv Museum of Art, des Israel Museum, Jerusalem, und des American University Museum, Washington D. C.
Winfried Bullinger, geboren 1965 in München, Deutschland, lebt in Berlin.
In einer Zeit, in der sich der globale Diskurs um Nachhaltigkeit dreht, zeigen uns die Bauwerke der Bildserie von Winfried Bullinger ein ‚radical local’. Sie sind frei von allem Überflüssigen. Sie zeigen gewachsene Bautypologien, die mit jeweils vor Ort zur Verfügung stehendem Baumaterial eine eigene Formensprache hervorbringen. Diese Vernakuläre Architektur wird als ‚Architektur ohne Architekten’ verstanden, sprich – es sind bauliche Strukturen, die aus den Nutzungsbedingungen, dem lokalen Material, der notwendigen Durabilität, den klimatischen Mikrobedingungen und schließlich auch den aus der Überlieferung jeder einzelnen soziologischen Gruppe herrührenden Vorlieben, Erfahrungen und ökonomischen Möglichkeiten entstanden sind. Die Bauwerke folgen vielfach Konstruktionen, die Jahrhunderte lang von einer Gruppe zum Wohnen erprobt wurden. Es ist der Reichtum der Erfindungen, über die uns Winfried Bullinger mit diesen Fotografien staunen lässt.
Über mehr als ein Jahrzehnt hat Winfried Bullinger die Bilder in den Ländern Südsudan, Sudan, Äthiopien, Tschad, Kenia, Uganda, Tansania und der Zentralafrikanischen Republik mit einer analogen Großformatkamera aufgenommen. In der Ausstellung öffnet er sein Archiv und tritt mit seinen Projektpartnern Fethi Yahya (Äthiopien), Musa Magumba (Südsudan), Abdelkerim Oumar Kande (Tschad) in einen Dialog.
Silvina Der-Meguerditchian, geboren 1967 als Enkelin armenischer Einwanderer in Buenos Aires, Argentinien, lebt seit 1988 in Berlin.
Silvina Der-Meguerditchians Werk befasst sich mit der Last der nationalen Identität, der Rolle von Minderheiten in der Gesellschaft und dem Potenzial eines sozialen „Dazwischen“. Sie interessiert sich für die Auswirkungen der Migration auf das Stadtgefüge und deren Folgen. Die Rekonstruktion der Vergangenheit und der Aufbau von Archiven sind dabei ein roter Faden in ihrer künstlerischen Forschung. Ihre Arbeit ist multidisziplinär orientiert und vereint verschiedene Medien.
Seit 2010 ist sie künstlerische Leiterin von Houshamadyan, einem Projekt zur Rekonstruktion des osmanisch-armenischen Stadt- und Dorflebens (www.houshamadyan.org). 2014/15 war sie Stipendiatin an der Kulturakademie Tarabya, einem Residenzprogramm des Auswärtigen Amts und des Goethe-Instituts in Istanbul. Außerdem nahm sie an der Ausstellung Armenity im armenischen Pavillon auf der 56. Biennale von Venedig teil, die 2015 mit dem Goldenen Löwen für die beste nationale Beteiligung ausgezeichnet wurde. Ihre Arbeiten wurden weltweit gezeigt, unter anderem in Deutschland, Argentinien, den USA und der Türkei.
Jean-Ulrick Désert, geboren 1960 in Port-au-Prince, Haiti, lebt in Berlin.
Das Œuvre des Künstlers umfasst Werke der Malerei, Skulpturen, Objekte, Plakate, Videos und Aktionen. Seine Arbeit entspringt einer Tradition des Konzeptuellen, die sich mit sozialen beziehungsweise kulturellen Praktiken auseinandersetzt. Désert ist bekannt für seine provokanten und poetischen Projekte wie seine erste Berliner Installation The Burqa Project: On the Borders of My Dreams I Encountered My Double’s Ghost (2002). Er selbst charakterisiert seine Praxis als Visualisierung von „auffälliger Unsichtbarkeit“.
Jean-Ulrick Désert hat im Grand Palais, Paris, im Brooklyn Museum, New York, im Studio Museum of Harlem, New York, in der Galeria Sztuki Współczesnej Bunkier Sztuki, Krakau, im Haus der Kulturen der Welt, Berlin, bei Savvy Contemporary, Berlin, sowie in zahlreichen weiteren Institutionen in Europa, Amerika und Afrika ausgestellt. 2019 war er offizieller Vertreter Haitis auf der 58. Biennale von Venedig.
Šejla Kamerić, geboren 1976 in Sarajevo, Jugoslawien, jetzt Bosnien und Herzegowina, lebt in Sarajevo und Berlin.
Šejla Kamerić hat den Jugoslawienkrieg und die Belagerung von Sarajevo überlebt. Sie ist hauptsächlich daran interessiert, jeglicher Form von Universalität einen Weg zu bahnen, durchaus auch mit Filmen, Konzepten, Aktionen, Installationen des Emanzipatorischen, die sich ohne Umschweife gegen Repression und Exklusion richten, häufig im öffentlichen Raum. Ihre Auseinandersetzung mit dominanter Ideologie entblößt die Demarkationslinien zwischen Macht und Ohnmacht und stellt Gewissheiten und Vorurteile, die das jeweilige Feld der Politik, des Wissens und der Kunst versperren, infrage. Dabei steht die Drastik ihrer Themen oft im Kontrast zur Subtilität der gewählten Materialien.
Šejla Kamerić nahm 2000 an der Manifesta 3: Borderline Syndrom, Ljubljana, teil, wo sie ihre Installation EU/Others zeigte, die sie schlagartig bekannt machte. Zudem waren ihre Arbeiten in zahlreichen Kunstinstitutionen unter anderem in Frankfurt am Main, Innsbruck, Wien, Göteborg, Stockholm, Paris, Zagreb, Graz, London, Barcelona, Ljubljana, Belgrad, Schardscha und Vilnius sowie auf der 15. Biennale von Sydney (2006), der Gwangju Biennale (2012) und im Rahmen des kontrovers diskutierten 4. Berliner Herbstsalons im Maxim Gorki Theater, Berlin (2019), zu sehen. 2007 war sie Stipendiatin des Berliner Künstlerprogramms des DAAD. Erfolgreiche Einzelausstellungen präsentierte Kamerić im Arter – Space for Art, Istanbul (2015), und in der National Gallery of Kosovo, Pristina (2015). Ihr Kurzfilm What Do I Know wurde 2007 auf den Internationalen Filmfestspielen von Venedig und weltweit auf 40 Filmfestivals gezeigt.
Melody Melamed, geboren 1986 in Los Angeles, USA, lebt in New York, USA.
Melody Melamed schloss ihren BFA in Design / Media Arts an der University of California, Los Angeles, im Jahr 2008 ab. Um ihre Ausbildung weiterzuverfolgen, zog sie nach New York, wo sie 2013 ihren MFA in Fotografie, Video und verwandten Medien an der School of Visual Arts absolvierte. In ihrer Arbeit konzentriert sie sich in erster Linie auf Aspekte der Gender-Identität – speziell auf die weibliche Form und die Wahrnehmung von Frauen in der Gesellschaft. Ihr Ziel ist es, konsequent Bilder zu schaffen, die ästhetisch außergewöhnlich sowie konzeptionell überzeugend sind. Ihre Sujets strahlen sowohl in ihrer persönlichen als auch in ihrer redaktionellen Arbeit ein rohes, intimes und starkes Selbstbewusstsein aus.
Als freiberufliche Fotografin und Multimediakünstlerin hat sie international mit Popmusikern, Art-Direktoren, Stylisten und Werbeagenturen zusammengearbeitet, 2019/20 etwa für VOGUE (Deutschland) und das Philosophie Magazin. Ihre Fotografien sind auch im 2020 erschienenen Fotobuch New Queer Photography von Benjamin Wolbergs (Verlag Kettler) vertreten.
Dawit Shanko, geboren 1968 in Addis Abeba, Äthiopien, lebt in Berlin. Mit 17 Jahren kam er mithilfe eines Schülerstipendiums für ein Geodäsie-Studium in die damalige DDR.
Hauptthema seiner künstlerischen Installationen, die er raumspezifisch einrichtet, ist das Leben arbeitender Jugendlicher in Äthiopien. Im Künstlerhaus Bethanien zeigt er ein Arrangement aus Hunderten von Schuhputzboxen aus Äthiopien und steht als Kommunikator zur Verfügung. Mit seiner Zeitzeugenschaft bietet er an, über bestimmte Lebenswelten seiner Heimat zu informieren und mit Interessierten ins Gespräch zu kommen.
2003 hat er den Verein Listros e. V. gegründet, um mit vielseitigen Projekten von nationaler und internationaler Reichweite Kinder und Jugendliche in Äthiopien zu unterstützen. Künstler und Architekten haben sich ihm angeschlossen und realisieren in unterschiedlichen Kunst- und Austauschprojekten Formen der interkulturellen Zusammenarbeit
AUSSTELLUNG
25.02. – 20.03.2022
Di - So: 14 - 19 Uhr
Eintritt frei
ERÖFFNUNG
25.02.2022
14 - 19 Uhr