Chia-Wei Hsus künstlerische Vorgehensweise ist charakterisiert durch die Schaffung spezieller ‚Erzählungen‘, filmische Dokumentationen, in die Hsu ortsspezifische Charakteristika, die Geschichte, aber auch Mythen und Legenden aus dem kollektiven Gedächtnis der Bewohner eines jeweiligen Ortes einbezieht. In jüngerer Zeit fokussiert Hsu seine Recherchen vor allem auf die abseits der ‚großen‘ Geschichte zu beobachtenden Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs und des Kalten Krieges in Asien. Die akribischen Vorab-Recherchen des Künstlers im Hinblick auf die Orte, an denen seine Filme entstehen, bringen ans Licht, wie sehr die vielschichtigen Strukturen der Vergangenheit die heute dort ansässigen Menschen noch beeinflussen.
So beschäftigen sich gleich zwei der ingesamt fünf gezeigten Kurzfilme Hsus mit verschiedenen Aspekten und Orten der Legende von einer Frosch-Gottheit namens „Marshal Tie Jia“, dessen uralter Tempel auf dem chinesischen Festland im Zuge der Kulturrevolution zerstört wurde; auch ein kleiner Tempel auf einer weit von dort entfernten, heute taiwanesischen Insel war ihm geweiht, welcher seinerseits mit dem Rückzug Chiang Kai-sheks nach dem heutigen Taiwan einem Bunker weichen musste und auf einer Nachbarinsel neu errichtet wurde . Dort wiederum wird der Gott noch heute verehrt. Zur Verdeutlichung der komplexen Zusammenhänge, die Hsu in den gezeigten Filmarbeiten anspricht, hat der Künstler als integralen Bestandteil der Ausstellung eine Broschüre für die Besucher zusammengestellt, in der er anhand von Lageskizzen, Landkarten und Textpassagen die von ihm aufgegriffenen ‚Geschichten in der Geschichte‘ visualisiert.

Chia-Wei Hsu ist Stipendiat des Ministry of Culture, R.O.C. (Taiwan). Sein Aufenthalt wird außerdem freundlich unterstützt durch die Taipeh Vertretung in der Bundesrepublik Deutschland.