KÜNSTLERHAUS

BETHANIEN

Künstler*innen

Serkan Özkaya

Türkei

Serkan Özkaya erinnert sich daran, schon als Kind bedeutende Kunstwerke abgemalt zu haben. Für Özkaya und viele seiner Altersgenossen waren Abbildungen bedeutender als es das Original je werden konnte. Die Vorstellung, ein Original tatsächlich zu sehen, wurde zu einer Art Notlösung, und nicht selten zur Enttäuschung – das Original war möglicherweise kleiner, weniger bunt und in schlechterem Zustand als gedacht (…).

Hier kommt Michelangelos David-Statue ins Spiel, die diesen Moment der Ekstase und der Erkenntnis sowohl für ihn selbst als auch für andere auslöste. Özkaya hat die Originalstatue niemals gesehen. „Diese Meisterwerke existieren längst nicht mehr als Originale in der Wirklichkeit“, so Özkaya. „Sie sind zu verbalen Legenden geworden, es geht nur mehr um die Repliken, die Kopien, die Nachbauten und die Fälschungen.“ (…) Kann die Schönheit eines solch herausragenden Kunstwerks überhaupt durch Wiederholung gemindert werden? Oder deutet die Wiederholung bloß darauf hin, dass das Original jene fundamentale Eigenschaft verloren hat, die es einst als einmalig erschienen ließ?

Mit der fortschreitenden Präzision mechanischer Reproduzierung sind es genau genommen die Kopien, die den ikonischen Status eines Werks bezeugen. Eine letzte Frage: Hat Özkaya keine Gewissensbisse, solche Ikonen zu kopieren, umzumodeln und neu zu deuten? Darauf antwortet der Künstler ohne zu zögern: „Ich fühle mich Michelangelo als Person näher als den Werten des Museums.“ Und mit dieser Salve tritt ein neuer ikonischer David in die Welt.

(November Paynter)

Serkan Özkaya, geboren 1973 in Istanbul, Türkei.